Schambeinentzündung – Was ist es und wie kriegt man es in den Griff?

  1. Was ist eine Schambeinentzündung?
  2. Wer ist betroffen?
  3. Wie kriegt man sie in den Griff?
  4. Übungen aus der Rehabilitation
  5. Fazit

1. Was ist eine Schambeinentzündung?

Die Schambeinentzündung (Osteitis pubis, OP) ist eine nicht infektiöse, chronische Entzündung der Schambeinfuge und der sie umgebenden Weichteile mit vielfältigen Ursachen. Diese führen dann in der Regel zu Leisten- oder Unterbauchschmerzen.

 

Die genaue Ursache der Schambeinentzündung ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch allgemein angenommen, dass sie durch eine Überbeanspruchung der Schambeinfuge verursacht wird (Giai Via et al., 2018, Lynch et al., 2017, Weber et al., 2013, Johnson, 2003, Hiti et al., 2011). Die Schambeinfuge ist ein Drehpunkt für Muskeln, die im vorderen Becken ansetzen und von dort ausgehen, wie z. B. der Rectus abdominis und der Adduktoren-Muskelkomplex, die quasi als Gegenspieler deklariert sind (Lynch et al., 2017, Johnson, 2003, Hiti et al., 2011). 

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Patienten mit einer Schambeinentzündung stellen sich häufig mit Schmerzen in der vorderen und mittleren Leiste vor. Relevante Informationen innerhalb einer Untersuchung sind beispielsweise die Teilnahme am Sport, der Verlauf der Symptomatik und verschlimmernde Bewegungen. Das Auftreten der Schmerzen erfolgt in der Regel schleichend und kann vor allem für Sportler sehr belastend sein. Häufig geben die Patienten an, dass der Schmerz bei einer schnellen Hüftbeugung aus einer gestreckten Position heraus, z. B. beim Kicken oder Hürdenlauf, bei der Dehnung der Adduktoren, bei Übungen zur Stärkung der Bauchmuskeln oder beim Aufstehen ausgelöst wird (Angoules, 2015).

2. Wer ist betroffen?

Die Inzidenz (Häufigkeit der Erkrankung) bei Sportlern wird mit 0,5 % bis 8 % angegeben, wobei die Inzidenz bei Langstreckenläufern und Sportlern, die “Kickbewegungen” durchführen, höher ist. Insbesondere bei männlichen Fußballspielern ist die Häufigkeit der Schambeinentzündung höher und fällt auf 10 % bis 18 % pro Jahr (Giai Via et al., 2018).

In einer Studie mit 189 Sportlern, die unter Leistenschmerzen litten, war in 14 % der Fälle eine Schambeinentzündung die Hauptursache (Lynch et al., 2017, Weber et al., 2013). Am häufigsten von Leistenschmerzen betroffen sind Fußballer, Hockeyspieler und Rugbyspieler (Gabbe et al., 2009, Werner et al., 2009). Des Weiteren treten Leistenschmerzen bei Leichtathleten (z.B. Hürdenläufern), bei Volleyballern und beim Skirennen auf (LeBlanc & LeBlanc, 2003). In einer MRT-Studie mit 97 Sportlern, die unter Leistenschmerzen litten, wurde bei 9,3 % der Probanden eine isolierte Schambeinentzündung und bei 42,3 % der Patienten eine Schambeinentzündung mit Mikrorupturen (kleinen Rissen) der Adduktoren festgestellt (Weber et al., 2013). Klassischerweise ist die Schambeinentzündung bei Männern häufiger als bei Frauen. In früheren Studien wurde festgestellt, dass sie bei Männern zwei- bis fünfmal häufiger vorkommt. Es wird jedoch angenommen, dass diese Diskrepanz mit der zunehmenden sportlichen Betätigung von Frauen abnimmt.

Oftmals wird sie auch mit einem Hüftimpingement (FAI) assoziiert. Jedoch ist noch nicht klar, welche Rolle es genau in der Entstehung der Verletzung oder überhaupt spielt. Bei bis zu 22% professioneller Athleten handelt es sich beim Leistenschmerz um einen ausstrahlenden Schmerz durch Veränderungen des Labrums (Gelenklippe) im Hüftgelenk. Diese entstehen durch sich wiederholende Mikrotraumata (kleine Verletzungen) oder ein isoliertes Trauma und begünstigen ein FAI (Weber et al., 2013). In einer MRT Studie wurde der Zusammenhang der Schambeinentzündung und FAI untersucht und festgestellt, dass Menschen mit FAI ein etwa dreizehnfach erhöhtes Risiko für eine Schambeinentzündung haben (Economopoulos et al., 2013). Saito et al. wiesen nach, dass bei etwa 68 % der Fußballspieler mit symptomatischem FAI im Röntgenbild eine Schambeinentzündung nachgewiesen werden konnte (Saito et al., 2019). Eine weitere Untersuchung zeigte, dass bei Spielern mit FAI statistisch ein höheres Vorkommen von Schambeinentzündungen aufzuweisen ist (Larson et al., 2013). Der Zusammenhang und die klinische Bedeutung der Ergebnisse ist nicht ganz klar, da ein FAI häufig auch ohne Symptome besteht und als krankhafte Veränderung diskutiert wird (Bernstein, 2014). Mehr über das Hüftimpingement findest du hier.

Die Hüft- und Leistenregion besteht aus einer Vielzahl an Strukturen, die miteinander verbunden sind. Leistenschmerz ist ein typisches Symptom der Schambeinentzündung, aber tritt auch bei anderen Erkrankungen auf. Folgende Differenzialdiagnosen (Diagnosen mit ähnlichen Symptomen) sollten in der Diagnostik ausgeschlossen werden: Verletzungen der Adduktoren oder der Rumpfmuskulatur oder der Sehnen, sowie Gelenk- oder Weichteilveränderungen der Hüfte (z.B. FAI). Der Leistenschmerz kann auch auf andere Strukturen, wie die Lendenwirbelsäule, Knochen (Stressfrakturen), Nerven und innere Organe (Blase, Darm und Geschlechtsorgane) zurückzuführen sein. Vor allem bei anhaltenden Symptomen sollten letztere ärztlich abgeklärt werden (Lynch et al., 2017, Weber et al., 2013)

3. Wie kriegt man sie in den Griff?

Die Behandlung der Schambeinentzündung umfasst sowohl konservative als auch chirurgische Optionen. Die erste Option ist nach wie vor die konservative Behandlung, welche Ruhe, Medikation und eine progressive Physiotherapie (siehe Beispiele im nächsten Kapitel) umfasst.

Es gibt momentan kein Standardprotokoll für die konservative Behandlung, was zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Ergebnissen der Behandlung führt (Hiti et al., 2011). Die konservative Behandlung der Schambeinentzündung kann langwierig sein. Einige Sportler benötigen sechs Monate oder länger, um wieder das Niveau von vor der Verletzung zu erreichen, die meisten sind jedoch bereits nach drei Monaten wieder fit (Giai Via et al., 2018, Elattar et al., 2016). Trotz der Langwierigkeit bleibt die konservative Behandlung die Hauptstütze der Behandlung (Angoules, 2015, Elattar et al., 2016). Nur etwa 5 % bis 10 % der Athleten müssen wohl operativ behandelt werden (Lynch et al., 2017). In der Regel wird eine mindestens sechsmonatige konservative Behandlung versucht, bevor chirurgische Optionen erörtert werden (Williams et al., 2000).

4. Übungen aus der Rehabilitation

In den folgenden Videos zeigen wir dir Übungsbeispiele, die in der Reha einer Schambeinentzündung gut eingesetzt werden können. Natürlich ist es wichtig, die Übungen an die individuelle Situation der betroffenen Person anzupassen und Stück für Stück zu steigern.

5. Fazit

Leistenschmerzen bei Sportlern können vorübergehend zu einer Einschränkung der Aktivität führen. Wie oben beschrieben, gibt es einige Krankheitsbilder, die dafür ursächlich sein können. Beim Vorliegen einer Schambeinentzündung ist es oftmals nützlich viel Geduld mitzubringen und eine kontinuierliche Reha im Sinne einer angepassten sowie progressiven Physiotherapie durchzuführen, sodass die Athleten letztendlich wieder zurück zum Sport kommen. Wir unterstützen gerne im Rahmen einer Rehabilitation. 

 

Dein DK Sports & Physio Team aus der Karlsruher Oststadt

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Ich bin David Kunzmann, Sportphysiotherapeut, Personal-Trainer und Geschäftsführer der DK Sports & Physio GmbH. Ich manage und optimiere die Rehabilitation und Leistungsfähigkeit von Leistungssportlern & aktiven Erwachsenen.

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Ich bin Lea Schütt, Physiotherapeut und Personal-Trainerin. Ich manage und optimiere die Rehabilitation und Leistungsfähigkeit von Leistungssportlern & aktiven Erwachsenen.

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Quellenangaben:
  1. Angoules, A. G. (2015). Osteitis pubis in elite athletes: Diagnostic and therapeutic approach. World Journal of Orthopedics, 6(9), 672. https://doi.org/10.5312/wjo.v6.i9.672
  2. Bernstein, J. (2014). The Myths of Femoroacetabular Impingement. Clinical Orthopaedics and Related Research®, 472(12), 3623–3628. https://doi.org/10.1007/s11999-014-3977-z
  3. Economopoulos, K. J., Milewski, M. D., Hanks, J. B., Hart, J. M. & Diduch, D. R. (2013). Radiographic Evidence of Femoroacetabular Impingement in Athletes With Athletic Pubalgia. Sports Health: A Multidisciplinary Approach, 6(2), 171–177. https://doi.org/10.1177/1941738113510857
  4. Elattar, O., Choi, H. R., Dills, V. D. & Busconi, B. (2016). Groin Injuries (Athletic Pubalgia) and Return to Play. Sports Health: A Multidisciplinary Approach, 8(4), 313–323. https://doi.org/10.1177/1941738116653711
  5. Gabbe, B. J., Bailey, M., Cook, J. L., Makdissi, M., Scase, E., Ames, N., Wood, T., McNeil, J. J. & Orchard, J. W. (2009). The association between hip and groin injuries in the elite junior football years and injuries sustained during elite senior competition. British Journal of Sports Medicine, 44(11), 799–802. https://doi.org/10.1136/bjsm.2009.062554
  6. Giai Via, A., Frizziero, A., Finotti, P., Oliva, F., Randelli, F. & Maffulli, N. (2018). Management of osteitis pubis in athletes: rehabilitation and return to training – a review of the most recent literature. Open Access Journal of Sports Medicine, Volume 10, 1–10. https://doi.org/10.2147/oajsm.s155077
  7. Hiti, C. J., Stevens, K. J., Jamati, M. K., Garza, D. & Matheson, G. O. (2011). Athletic Osteitis Pubis. Sports Medicine, 41(5), 361–376. https://doi.org/10.2165/11586820-000000000-00000
  8. Johnson, R. (2003). Osteitis Pubis. Current Sports Medicine Reports, 2(2), 98–102. https://doi.org/10.1249/00149619-200304000-00009
  9. Larson, C. M., Sikka, R. S., Sardelli, M. C., Byrd, J. T., Kelly, B. T., Jain, R. K. & Giveans, M. R. (2013). Increasing Alpha Angle is Predictive of Athletic-Related “Hip” and “Groin” Pain in Collegiate National Football League Prospects. Arthroscopy: The Journal of Arthroscopic & Related Surgery, 29(3), 405–410. https://doi.org/10.1016/j.arthro.2012.10.024
  10. LeBlanc, K. E. & LeBlanc, K. A. (2003). Groin pain in athletes. Hernia, 7(2), 68–71. https://doi.org/10.1007/s10029-002-0105-x
  11. Lynch, T. S., Bedi, A. & Larson, C. M. (2017). Athletic Hip Injuries. Journal of the American Academy of Orthopaedic Surgeons, 25(4), 269–279. https://doi.org/10.5435/jaaos-d-16-00171
  12. Saito, M., Utsunomiya, H., Hatakeyama, A., Nakashima, H., Nishimura, H., Matsuda, D. K., Sakai, A. & Uchida, S. (2019). Hip Arthroscopic Management Can Improve Osteitis Pubis and Bone Marrow Edema in Competitive Soccer Players With Femoroacetabular Impingement. The American Journal of Sports Medicine, 47(2), 408–419. https://doi.org/10.1177/0363546518819099
  13. Weber, M. A., Rehnitz, C., Ott, H. & Streich, N. (2013). Groin Pain in Athletes. RöFo – Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen und der bildgebenden Verfahren. https://doi.org/10.1055/s-0033-1350589
  14. Werner, J., Hagglund, M., Walden, M. & Ekstrand, J. (2009). UEFA injury study: a prospective study of hip and groin injuries in professional football over seven consecutive seasons. British Journal of Sports Medicine, 43(13), 1036–1040. https://doi.org/10.1136/bjsm.2009.066944
  15. Williams, P. R., Thomas, D. P. & Downes, E. M. (2000). Osteitis Pubis and Instability of the Pubic Symphysis. The American Journal of Sports Medicine, 28(3), 350–355. https://doi.org/10.1177/03635465000280031101
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