Faszien, einst ein Nischenthema in der Osteopathie, haben sich seit meiner Ausbildung 2012 zu einem Mainstream-Thema entwickelt. Damals hatten viele Menschen keine Ahnung, was Faszien sind. Heute begegnen sie uns in den Medien, und Produkte wie Faszienrollen sind allgegenwärtig. Doch obwohl Faszien nun bekannt sind, bleibe ich skeptisch, was die tatsächliche Bedeutung und Wirksamkeit der Faszientherapie betrifft.
Was sind Faszien? Faszien sind ein Netz aus Bindegewebe, das den Körper durchzieht und Strukturen wie Muskeln und Organe umhüllt. In der Forschung gibt es jedoch Uneinigkeit darüber, was genau Faszien sind und wie sie wirken. Auch wenn Faszien Pathologien wie beim Kompartmentsyndrom verursachen können, sind sie oft nur Hüllen, die Halt geben und vor Infektionen schützen.
Forschung und Methoden Faszien werden auf verschiedene Weisen untersucht, etwa durch Elastographie, Kadaverstudien oder Tierversuche. Diese Methoden geben Hinweise auf ihre Festigkeit, doch die klinische Relevanz ist umstritten.
Faszientherapie – Mythos oder Realität? Die Behauptung, Faszien durch manuelle Techniken oder spezielle Übungen maßgeblich verändern zu können, ist laut Studien eher unwahrscheinlich. Enorme Kräfte wären nötig, um Faszien zu manipulieren. Faszientraining, etwa durch Laufen, hat jedoch einen gewissen Einfluss auf die Festigkeit.
Die Geschichte der Faszientherapie reicht über 100 Jahre zurück. In den 1990er Jahren entwickelte der Arzt Stephen Typaldos das „Fascial Distortion Model“ (FDM), das besagt, dass viele muskuloskelettale Beschwerden durch Verformungen der Faszien entstehen. Diese können laut ihm durch manuelle Techniken korrigiert werden. Die Theorie erlangte Popularität, obwohl es bis heute keine wissenschaftlichen Belege für die Existenz solcher „Faszienstörungen“ oder die Wirksamkeit der Methoden gibt.
Kritik am FDM
Studien wie die von Christoph Thalhamer (2017) zeigen, dass es keine empirischen Beweise für das FDM gibt. Die diagnostischen Kriterien sind unklar, biologisch nicht plausibel, und die wenigen vorhandenen Studien weisen methodologische Mängel auf. Thalhamer bemängelt, dass FDM-Methoden Schmerzen verstärken können und die Wirksamkeit durch Schmerzmodulation entsteht.
Mythen und Fakten
Begriffe wie „Verklebungen“ oder „Verfilzen“ der Faszien sind wissenschaftlich nicht haltbar. Während nachweisbare Veränderungen wie Faszien-Vernarbungen existieren, fehlen Belege für die Behauptungen vieler Therapeuten. Studien zur Faszienstiffness und Mobilität zeigen, dass Beweglichkeit und Schmerz nicht von der Fasziensteifigkeit abhängen.
Faszien-Hype kritisch betrachten
Der Hype um Faszien überschätzt deren Einfluss auf den Körper. Faszien sind stabil, ihre Kontraktionsfähigkeit ist gering und ihre Beeinflussbarkeit durch Therapien fraglich.
Fazit
Während Faszien zweifellos eine Rolle im Körper spielen, wird ihre Bedeutung in der Therapie oft überschätzt. Statt Faszien zu manipulieren, sollte der Fokus auf der Anpassung des Körpers durch gezielte Belastung liegen.
Dein DK Sports & Physio Team aus Karlsruhe
Den ausführlichen Artikel findest du in unserer DK Academy.
Wir geben Physiotherapeuten, Trainern und allen Wissbegierigen einen sachlichen Einblick in die Physiotherapie und helfen so die Rehabilitation und das Training nach Verletzungen oder Beschwerden effizienter zu gestalten.
Sichere dir vollen Zugriff auf unsere Rehab Live Sessions, exklusive Review- und Blogartikel, Simple Tipps und Infografiken.
Du benötigst Physiotherapie im Raum Karlsruhe? Dann sind wir gerne für dich da und unterstützen dich!
Dein DK Sports & Physio Team aus der Karlsruher Oststadt
Unsere weiteren Blog-Artikel
[1] T. W. Myers, Anatomy trains: myofasziale Leitbahnen für Manual- und Bewegungstherapeuten, 3. Auflage. München: Elsevier, Urban & Fischer, 2015.
[2] F. van den Berg und J. Cabri, Hrsg., Das Bindegewebe des Bewegungsapparates verstehen und beeinflussen, 5. Auflage. in Angewandte Physiologie, no. 1. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag, 2022.
[3] J.-L. Gennisson, T. Deffieux, M. Fink, und M. Tanter, „Ultrasound elastography: Principles and techniques“, Diagn. Interv. Imaging, Bd. 94, Nr. 5, S. 487–495, Mai 2013, doi: 10.1016/j.diii.2013.01.022.
[4] J. H. Bishop u. a., „Ultrasound Evaluation of the Combined Effects of Thoracolumbar Fascia Injury and Movement Restriction in a Porcine Model“, PloS One, Bd. 11, Nr. 1, S. e0147393, 2016, doi: 10.1371/journal.pone.0147393.
[5] R. Schleip, W. Klingler, und F. Lehmann-Horn, „Fascia is able to contract in a smooth muscle-like manner and thereby influence musculoskeletal mechanics“, J. Biomech., Bd. 39, S. S488, Jan. 2006, doi: 10.1016/S0021-9290(06)84993-6.
[6] R. Schleip und W. Klingler, „Active contractile properties of fascia“, Clin. Anat., Bd. 32, Nr. 7, S. 891–895, Okt. 2019, doi: 10.1002/ca.23391.
[7] W. R. Frontera und L. Larsson, „Contractile studies of single human skeletal muscle fibers: A comparison of different muscles, permeabilization procedures, and storage techniques“, Muscle Nerve, Bd. 20, Nr. 8, S. 948–952, Aug. 1997, doi: 10.1002/(SICI)1097-4598(199708)20:83.0.CO;2-6.
[8] H. Chaudhry, R. Schleip, Z. Ji, B. Bukiet, M. Maney, und T. Findley, „Three-Dimensional Mathematical Model for Deformation of Human Fasciae in Manual Therapy“, J. Osteopath. Med., Bd. 108, Nr. 8, S. 379–390, Aug. 2008, doi: 10.7556/jaoa.2008.108.8.379.
[9] J. C. Wager und J. H. Challis, „Elastic energy within the human plantar aponeurosis contributes to arch shortening during the push-off phase of running“, J. Biomech., Bd. 49, Nr. 5, S. 704–709, März 2016, doi: 10.1016/j.jbiomech.2016.02.023.
[10] R. McN. Alexander und H. C. Bennet-Clark, „Storage of elastic strain energy in muscle and other tissues“, Nature, Bd. 265, Nr. 5590, S. 114–117, Jan. 1977, doi: 10.1038/265114a0.
[11] H. Shiotani, T. Mizokuchi, R. Yamashita, M. Naito, und Y. Kawakami, „Acute effects of long‐distance running on mechanical and morphological properties of the human plantar fascia“, Scand. J. Med. Sci. Sports, Bd. 30, Nr. 8, S. 1360–1368, Aug. 2020, doi: 10.1111/sms.13690.
[12] C. Thalhamer, „A fundamental critique of the fascial distortion model and its application in clinical practice“, J. Bodyw. Mov. Ther., Bd. 22, Nr. 1, S. 112–117, Jan. 2018, doi: 10.1016/j.jbmt.2017.07.009.
[13] Klinika Gastroenterologii, Pomorski Uniwersytet Medyczny, Szczecin, Polska u. a., „Intra-abdominal adhesions in ultrasound. Part II: The morphology of changes“, J. Ultrason., Bd. 13, Nr. 52, S. 93–103, März 2013, doi: 10.15557/JoU.2013.0008.
[14] B. Bordoni und E. Zanier, „Skin, fascias, and scars: symptoms and systemic connections“, J. Multidiscip. Healthc., S. 11, Dez. 2013, doi: 10.2147/JMDH.S52870.
[15] T. Luomala, M. Pihlman, J. Heiskanen, und C. Stecco, „Case study: Could ultrasound and elastography visualized densified areas inside the deep fascia?“, J. Bodyw. Mov. Ther., Bd. 18, Nr. 3, S. 462–468, Juli 2014, doi: 10.1016/j.jbmt.2013.11.020.
[16] G. Slomka u. a., „The Influence of Mobility Training on the Myofascial Structures of the Back and Extremities“, J. Clin. Med., Bd. 13, Nr. 2, S. 329, Jan. 2024, doi: 10.3390/jcm13020329.
[17] R. Schleip, „Fascial plasticity – a new neurobiological explanation: Part 1“, J. Bodyw. Mov. Ther., Bd. 7, Nr. 1, S. 11–19, Jan. 2003, doi: 10.1016/S1360-8592(02)00067-0.
[18] D. P. Currier und R. M. Nelson, Hrsg., Dynamics of human biologic tissues. in Contemporary perspectives in rehabilitation, no. v. 8. Philadelphia: F.A. Davis, 1992.
[19] L. Yahia, S. Rhalmi, N. Newman, und M. Isler, „Sensory innervation of human thoracolumbar fascia: An immunohistochemical study“, Acta Orthop. Scand., Bd. 63, Nr. 2, S. 195–197, Jan. 1992, doi: 10.3109/17453679209154822.
[20] R. Schleip, „A new explanation of the effect of Rolfing. Rolf Lines 15(1): 18–20“. 1989.
Neuigkeiten
Keine neuen Ereignisse.
Öffnungszeiten
Montag bis Donnerstag 08:00 – 20:00 Uhr
Freitag 08:00 – 19.00 Uhr
Samstag 08:00 – 16:00 Uhr
Termine nur nach Vereinbarung
Telefonische erreichbarkeit
werktags 8:00 – 17:00 Uhr
Kontakt & Socials
Durlacher Allee 77
76131 Karlsruhe
0721 – 986 14 141
info@dk-sportphysio.de