Degenerativer Meniskusriss –
ist eine OP für die Behandlung immer notwendig?

1) Allgemeine Infos

Die meisten Menschen haben schon mal von einem Meniskusriss gehört. Wahrscheinlich auch deshalb, weil ein Meniskusriss die häufigste Knieverletzung ist und je nach Aktivitätsniveau 0,6 bis 8 von 1000 Patienten pro Jahr betrifft. Ein gerissener Meniskus kann zu Schmerzen, Einschränkungen und geringerer Lebensqualität führen. [1] Allgemein werden Meniskusrisse entweder als degenerativ oder traumatisch unterteilt. Traumatisch bedeutet, dass sie zum Beispiel nach einer Sportverletzung entstehen und degenerativ bedeutet, dass sie ohne ein derartiges Trauma entstanden sind.

 

Diese Klassifizierung kann jedoch schwierig sein, da es keinen Konsens darüber gibt, wie degenerative und traumatische Risse genau zu definieren sind. In einigen Fällen werden traumatische Risse durch ein sehr geringes Trauma (z. B. beim Treppensteigen) verursacht; in anderen Fällen werden degenerative Risse zufällig in asymptomatischen gesunden Knien gefunden. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass traumatische Meniskusrisse aus frühen degenerativen Krankheitsprozessen resultieren können. Daher ist die Unterscheidung zwischen diesen Typen nicht so einfach wie es scheint. [1]

2) Gibt es auch Meniskusrisse bei symptomfreien Menschen?

Wie oben beschrieben, ist dies eine weitere interessante Frage bei der Überlegung, ob eine OP immer notwendig ist. Gibt es auch Menschen, die in einem MRT / CT nachgewiesene Meniskusrisse haben, aber symptomfrei sind? In einer Untersuchung wurden 230 Knie von 115 symptomfreien Personen im Durchschnittsalter von 44 Jahren im MRT untersucht und von zwei erfahrenen Radiologen bewertet. [2] In Abbildung 1 sind die Ergebnisse der Untersuchung zu sehen.

 

3) Operation eines degenerativen Meniskusriss vs. Placebo-OP

Die Ergebnisse von Abbildung 1 können ein Hinweis darauf sein, warum eine der häufigsten orthopädischen Operationen (Arthroskopische partielle Meniskektomie (APM)) bei Patienten mit degenerativen Innenmeniskus-Rissen keinen signifikanten Vorteil gegenüber einer Placebo-Operation bietet. Hierzu hat man in einer Studie 146 Erwachsene (35-65 Jahre) mit einem degenerativen Innenmeniskusriss in zwei Gruppen aufgeteilt. Gruppe 1 erhielt eine APM-Operation und Gruppe 2 eine Placebo-Operation. [3] Wenn die Operation bei diesem Beschwerdebild derartige Resultate vorweist, entsteht natürlich die Frage, ob es nicht besser ist eine konservative Behandlung in Form von Physiotherapie bzw. angepasster Übungstherapie als Erstbehandlungsoption vorzuziehen.

 

4) Kann ein Meniskusriss konservativ behandelt werden?

Ja, degenerative Meniskusrisse ohne Blockierungs- und Einklemmungssymptome können durch eine angemessene Bewegungstherapie als Erstbehandlung erfolgreich behandelt werden. [4] Dabei ist es das Ziel, über individuell und an die Situation angepasste Übungen, die Beweglichkeit des Knies schrittweise in Beugung und Streckung zu erhöhen und die Belastbarkeit bzw. Kraft zu steigern. Damit soll Stück für Stück das Durchführen von eingeschränkte Alltagsaktivitäten wieder besser und irgendwann ohne Probleme erreicht werden. Für Sportler ist das Endziel natürlich die Rückkehr in den Sport.

 

5) Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Operation nicht immer notwendig ist. Man muss sich oftmals die Frage, ob die Beschwerden überhaupt von dem in der Bildgebung auffälligen degenerativen Meniskusriss kommen. Es ist wichtig zu erkennen, dass die Bildgebung nur ein Teil des Puzzles ist und obwohl positive Befunde korrelieren können, sollte die Diagnose trotz Bildgebung in erster Linie auf Anamnese und körperlicher Untersuchung beruhen. Die Bilder können bei der Korrelation von klinischen Zeichen und Symptomen helfen, sollten aber die klinische Beurteilung nicht ersetzen. [2] Außerdem zeigt eine OP gegenüber Placebo-OP keine signifikanten Vorteile und das Beschwerdebild ohne Blockierungs- und Einklemmungssymptome kann durch eine angemessene Bewegungstherapie als Erstbehandlung erfolgreich behandelt werden, weswegen man sich zunächst auf die konservative Behandlung konzentrieren sollte.

 

Disclaimer: Dieser Beitrag dient nur als Inspiration und ersetzt keine medizinische Untersuchung und Procedere. 

[1] M. A. Wesdorp u. a., „Traumatic Meniscal Tears Are Associated With Meniscal Degeneration“, Am. J. Sports Med., Bd. 48, Nr. 10, S. 2345–2352, Aug. 2020, doi: 10.1177/0363546520934766. 

[2] L. M. Horga u. a., „Prevalence of abnormal findings in 230 knees of asymptomatic adults using 3.0 T MRI“, Skeletal Radiol., Bd. 49, Nr. 7, S. 1099–1107, Juli 2020, doi: 10.1007/s00256-020-03394-z. 

[3] R. Sihvonen u. a., „Arthroscopic partial meniscectomy versus placebo surgery for a degenerative meniscus tear: a 2-year follow-up of the randomised controlled trial“, Ann. Rheum. Dis., Bd. 77, Nr. 2, S. 188–195, Feb. 2018, doi: 10.1136/annrheumdis-2017- 211172. 

[4] A. Giuffrida u. a., „Conservative vs. surgical approach for degenerative meniscal injuries: a systematic review of clinical evidence“, Eur. Rev. Med. Pharmacol. Sci., Bd. 24, Nr. 6, S. 2874–2885, März 2020, doi: 10.26355/eurrev_202003_20651.

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David Kunzmann

Ich bin David Kunzmann, Sportphysiotherapeut, Personal-Trainer und Eigentümer eines kleinen Unternehmens. Ich manage und optimiere die Rehabilitation und Leistungsfähigkeit von Leistungssportlern & aktiven Erwachsenen.

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