Muskelaufbau: Wie oft muss ich eine Muskelgruppe trainieren?

In diesem Artikel wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Die Trainingshäufigkeit gilt als eine wichtige Variable für die Hypertrophiereaktion (die Reaktion des Muskelaufbaus bzw. des Zellwachstum) auf ein Widerstandstraining. Es gibt hier viele verschiedene Arten der Trainingshäufigkeit, von ein- bis sechsmal pro Woche. Doch spielt die Trainingshäufigkeit im Muskelaufbau wirklich eine entscheidende Rolle oder sind andere Dinge wichtiger, die man beim Aufbau seines Trainingszyklus bzw. Trainingsplans beachten sollte? 

Die aktuellen Erkenntnisse haben wir nachfolgend für dich zusammengefasst.

1. Was ist mit Frequenz gemeint ? 

Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, was mit Frequenz gemeint ist. Frequenz bezieht sich darauf, wie oft eine Muskelgruppe innerhalb einer Woche trainiert wird. Wenn wir also im nachfolgenden Text von einer hohen Frequenz sprechen, bedeutet das z.B., dass mehrere Trainingseinheiten einer Muskelgruppe pro Woche durchgeführt worden sind. Bei einer niedrigen Frequenz wird bspw. eine Muskelgruppe nur einmal pro Woche trainiert. 

Es gibt natürlich unterschiedlichste Trainingsfrequenzen, vom “Bro Split“, bei dem jede Muskelgruppe einmal pro Woche trainiert wird, bis zum Ganzkörpertraining, bei dem jede Muskelgruppe bis zu 3-4 Mal die Woche trainiert wird. Nachfolgend wollen wir dich darüber aufklären, welche Trainingsfrequenz für den Muskelaufbau am sinnvollsten ist.

2. Zusammenhang zwischen Volumen und Frequenz

In einem unserer letzten Blogbeiträge haben wir ja bereits das Thema Volumen (wöchentliche Satzzahl pro Muskelgruppe pro Woche) beim Muskelaufbau behandelt. Die Frage ist nun, ob man das Trainingsvolumen auf mehrere Einheiten pro Woche verteilen, sprich eine höhere Trainingsfrequenz wählen sollte, oder das Volumen innerhalb einer Trainingseinheit absolvieren und eine niedrigere Trainingsfrequenz wählen sollte. 

Was die aktuelle Datenlage dazu besagt, klären wir nun im Folgenden.

3. Welche Frequenz sollte gewählt werden?

Welche Frequenz macht am meisten Sinn? Gibt es hier überhaupt eine pauschale Goldstandard-Lösung oder kommt es eher auf andere Dinge wie z.B das Trainingsvolumen an?

Brigatto et al.(2019) verglichen in ihrer Forschung das Training, bei dem jede Muskelgruppe 1x pro Woche trainiert wurde, mit einem Training, bei dem jede Muskelgruppe 2x pro Woche trainiert wurde. Das wöchentliche Volumen beider Gruppen war identisch und betrug 16 Sätze pro Muskelgruppe. Hier ergab sich kein aussagekräftiger Unterschied in der Veränderung der Muskelgröße zwischen den beiden Gruppen. Die Muskelgröße wurde hier per Ultraschall gemessen. Das Ergebnis aus dieser Studie lässt Rückschlüsse darauf ziehen, dass die Trainingsfrequenz nicht unbedingt im direkten Zusammenhang mit dem Muskelwachstum steht.

Auch die Forschung von Colquhoun et al. (2018) kam bei einem anderen Studiendesign zu ähnlichen Ergebnissen. Allerdings kamen sie in dieser Forschung auf einen interessanten anderen Ansatz, den wir dir erklären. In der oben genannten Studie von Colquhoun et al. (2018) gab es einen Vergleich zwischen einer Trainingsfrequenz von 3x pro Woche und einer Trainingsfrequenz von 6x pro Woche. Die Fettmasse wurde hier mittels A-Mode-Ultraschall ermittelt. Die Steigerungen des One-Repetition-Maximum (1-Rep-Max) sowie der Zuwachs fettfreier Masse in beiden Gruppen waren in beiden Gruppen ähnlich, es kam nicht zu signifikanten Unterschieden. Somit scheint laut Colquhoun et al. (2018) nicht die Trainingsfrequenz verantwortlich für Kraft und Muskelzuwächse zu sein, sondern viel wichtiger scheint das Volumen und die Intensität. Solange Volumen und Intensität gleich sind, kommt es also zu keinen nennenswerten Unterschieden bei verschiedenen Frequenzen. Auch andere Untersuchungen unterstützen die Hypothese, dass nicht die Frequenz ausschlaggebend zu sein scheint, sondern vielmehr das absolvierte wöchentliche Volumen (Peterson et al., 2004, Rhea et al., 2002/2003, RØNNESTAD et al., 2007, Robbins et al., 2012, Ralston et al., 2018).

4. Gibt es Unterschiede zwischen den Trainings von Anfängern und Fortgeschrittenen?

Sollten Anfänger genauso häufig trainieren wie Fortgeschrittene? Wie wir bereits bei den oben genannten Untersuchungen von Colquhoun et al. (2018) gesehen haben, ist bei Trainingsanfängern nicht die Trainingsfrequenz der entscheidende Faktor im Bereich der Muskelhypertrophie, sondern eher das Trainingsvolumen. 

Gilt das aber für erfahrene Sportler genauso wie für Trainingsanfänger?

Kann man dies überhaupt pauschalisieren? 

In einer Untersuchung von McLester et al. (2000) wurden erfahrene Kraftrainierende (in dieser Studie hatten die 25 Teilnehmer 2-4 Jahre Erfahrung im Krafttraining) nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe trainierte an einem Tag die Woche, die andere Gruppe trainierte drei Tage die Woche – beide Gruppen hatten dasselbe wöchentliche Volumen. In der Gruppe, die dreimal die Woche trainierte, konnte man eine größere Zunahme der fettfreien Körpermasse beobachten. Außerdem war der Anstieg des 1-Rep-Max höher als bei der Gruppe, die einmal die Woche trainierte. Allerdings hatte auch die Gruppe, die einmal die Woche trainierte, einen Kraftanstieg im 1-Rep-Max erreicht, dieser betrug allerdings 62% von der Gruppe, die dreimal die Woche trainierte. 

Auf Basis der Untersuchung von McLester et al.(2000) könnte man annehmen, dass eine höhere Frequenz bei erfahrenen Freizeit-Kraftsportlern Vorteile bringen könnte, allerdings war das wöchentliche Gesamtvolumen extrem gering und lag bei drei Sätzen pro Woche. Hier stellt sich nun die Frage, ob dieselben Ergebnisse bei erfahrenen Sportlern auch bei höherem Volumen zustande kommen würden und somit auch, ob diese Studie repräsentativ ist. Außerdem wurde die Magermasse anhand von Hautfalten gemessen, die bei der Bestimmung der Körperzusammensetzung erhebliche Einschränkungen aufweisen. Es gab bei dieser Studie keine direkte Messung der Muskelgröße. 

Deshalb lässt sich die Frage, ob die Trainingsfrequenz einen entscheidenden Faktor bei der Muskelhypertrophie spielt, bei erfahrenen Sportlern nicht anhand dieser Untersuchung beantworten. Um hier bessere Aussagen treffen zu können, müssen weitere Untersuchungen stattfinden. 

Das Training muss am Ende praktikabel und für jede einzelne Person auch regelmäßig im Alltag durchführbar sein. Deshalb hängt die Trainingshäufigkeit auch von vielen anderen Faktoren ab, beispielsweise wie viel Zeit du in der Woche hast, um dein Krafttraining durchzuziehen oder wie deine individuelle Erholungszeit aussieht. Dies sind Faktoren, die von Person zu Person unterschiedlich sind, dennoch kann man Empfehlungen abgeben. 

Für Anfänger mit bspw. einem Volumen von 10 Sätzen pro Muskelgruppe, kann es sinnvoll sein, das Training auf zwei Einheiten pro Woche zu verteilen und somit fünf Sätze pro Muskelgruppe pro Training zu absolvieren. Wie bereits im Blog zum Trainingsvolumen beschrieben, ist es dann aber auch wichtig, dass man das Training immer wieder anpasst und das Volumen verändert. Doch mit steigendem Volumen ist es bei einer Frequenz von zwei Einheiten pro Woche und bspw. 16 Sätze pro Muskelgruppe pro Woche schwierig, in diesen zwei Einheiten 16 Sätze pro Muskelgruppe pro Woche zu schaffen. Sinnvoll wäre es nun also, die Trainingsfrequenz zu erhöhen, um das wöchentliche Gesamtvolumen nicht nur auf zwei, sondern auf drei Einheiten pro Woche zu verteilen. Somit würde sich sowohl das Volumen als auch der zeitliche Aufwand pro Einheit verringern. 

Solltest du das wöchentliche Gesamtvolumen nun weiter steigern, würde auch der Faktor der Regenerationszeit mitbestimmen, ob du anstatt drei Einheiten pro Woche vier Einheiten pro Woche absolvieren solltest. Denn solltest du mit einer größeren Vorbelastung ins Training gehen, ist es nicht nur so, dass du Verletzungen riskieren könntest, sondern es sind auch nicht die besten Voraussetzungen gegeben, um bestmöglich von der Einheit zu profitieren. Deshalb ist der Faktor Regeneration genauso wichtig wie das Training selbst, da du nur eine so gute und zielführende Leistung erbringen kannst, die zu den gewünschten Muskelaufbauprozessen führt.

Was heißt das für dich?

5. Fazit: Volumen als non-plus-ultra 

Aus den oben genannten Studienergebnisse kann man erkennen, dass die Trainingsfrequenz nicht DER entscheidende Faktor für die Muskelhypertrophie ist. 

Somit sollte man dem Volumen in der Trainingsplangestaltung mehr Beachtung schenken und schauen, dass es progressiv aufgebaut wird. 

Gerade als Trainingsanfänger ist es aus unserer Sicht in den meisten Fällen sinnvoll erstmal mit zwei Einheiten zu starten und Kontinuität rein zu bekommen und auch das wöchentliche Volumen progressiv zu steigern. Diese zwei Einheiten können bei einer beispielhaften Unterteilung in ein Ganzkörpertraining A mit Fokus auf Oberkörper und ein Ganzkörpertraining B mit Fokus auf Beine bspw. so aussehen:

Tag A – Oberkörper:

  • Kniebeugen 4x 12-15 Wdh.
  • Bankdrücken 4x 12-15 Wdh.
  • Vorgebeugtes Rudern 3x 12-15 Wdh.
  • Schrägbankdrücken 3x 12-15 Wdh.
  • Beinbeuger 3x 10-12 Wdh.
  • Lat. Pulldown 3x 15 Wdh. 

= Insgesamt 20 Sätze 

Tag B – Unterkörper:

  • Kreuzheben 4x 12-15 Wdh.
  • Seated Rows 4x 12-15 Wdh.
  • Ausfallschritte 3x 10-12 Wdh. pro Sätze
  • Schulterdrücken 3x 12-15 Wdh.
  • Beinbeuger 3x 12-15 Wdh.
  • Beinstrecker 3×10-12 Wdh. 

= Insgesamt 20 Sätze 

Bei diesem beispielhaften Trainingsplan ist eine hohe Anzahl an Gesamtsätzen für die einzelnen Muskelgruppen abgedeckt. 

Sollte es aus zeittechnischen Gründen nicht möglich sein, den zweiten Tagesplan so zu absolvieren, weil das Training an zwei Tagen mit 20 Gesamtsätzen zu lange dauern sollte, könntest du eine weitere Einheit hinzufügen und somit das Gesamtvolumen nicht nur auf zwei Einheiten aufteilen, sondern auf drei. Wie ein 3-Tage-Ganzkörper-Wochenplan aussehen könnte, zeigen wir dir etwas weiter unten im Artikel.

Bei einer dritten Einheit könnte man drei Ganzkörper-Tage absolvieren und somit dann das Gesamtvolumen auf 13 Sätze pro Trainingseinheit, bei gleichem Volumen wie in dem 2-Tage-Training bringen. Der oben beschriebene Plan dient nur als Beispiel und ist nicht als der pauschal beste Trainingsplan für Beginner zu sehen. 

Bei fortschreitender Erfahrung ist es wichtig, das Volumen pro Muskelgruppe zu steigern. Somit wäre es sinnvoll, die Frequenz zu erhöhen, um das Gesamtvolumen pro Einheit nicht zu groß werden zu lassen. Denn je mehr Sätze in einem Training absolviert werden müssen, desto länger dauert das Training. Hinzu kommt, dass mit einer steigenden Satzzahl auch die Ermüdung gegen Ende des Trainings zunimmt. Je größer die Ermüdung, desto schwieriger ist es, über die ganze Einheit hinweg Vollgas zu geben. 

Um dir den Unterschied zwischen einem 2-Tage-Ganzkörperplan und einem 3-Tage-Ganzkörperplan zu zeigen, haben wir dir hier nochmal beispielhaft einen 3 Tage Ganzkörperplan zur Verfügung gestellt. Hieran sieht man ganz gut, wie sich das Gesamtvolumen pro Einheit stark reduziert und zwar insgesamt um 7 Sätze pro Einheit. 

Tag 1:

  • Kniebeugen 4x 12-15 Wdh.
  • Bankdrücken 3x 12-15 Wdh.
  • Vorgebeugtes Rudern 4x 12-15 Wdh.
  • Beinstrecker 3x 10-12 Wdh. 

= Gesamtvolumen: 14 Sätze 

Tag 2:

  • Kreuzheben 4x 12-15 Wdh.
  • Schrägbankdrücken 3×12-15 Wdh.
  • Lat. Pulldown 3x 15 Wdh.
  • Beinbeuger 3x 10-12 Wdh. 

Tag 3:

  • Bankdrücken 4×12-15 Wdh.
  • Ausfallschritte 3x 10-12 Wdh.
  • Beinbeuger 3x 15 Wdh.
  • Einarmiges Rudern 3×10-12 Wdh. 

Bei Fragen zu deiner persönlichen Situation oder zur Gestaltung deines Trainingsplanes komme gerne auf uns zu. 

Lies gerne auch unseren früheren Beitrag zum Thema „Muskelaufbau – Wie viele Sätze muss ich machen, um den größtmöglichen Erfolg zu erzielen?“.

Dein Physio-Team aus der Karlsruher Oststadt.

Quellenangaben:
  1. Brigatto, F. A., Braz, T. V., Zanini, T. C. D. C., Germano, M. D., Aoki, M. S., Schoenfeld, B. J., Marchetti, P. H. & Lopes, C. R. (2019, August). Effect of Resistance Training Frequency on Neuromuscular Performance and Muscle Morphology After 8 Weeks in Trained Men. Journal of Strength and Conditioning Research, 33(8), 2104–2116. https://doi.org/10.1519/jsc.0000000000002563
  2. Colquhoun, R. J., Gai, C. M., Aguilar, D., Bove, D., Dolan, J., Vargas, A., Couvillion, K., Jenkins, N. D. & Campbell, B. I. (2018, Mai). Training Volume, Not Frequency, Indicative of Maximal Strength Adaptations to Resistance Training. Journal of Strength and Conditioning Research, 32(5), 1207–1213. https://doi.org/10.1519/jsc.0000000000002414
  3. Peterson, M. D., Rhea, M. R. & Alvar, B. A. (2004). Maximizing Strength Development in Athletes: A Meta-Analysis to Determine the Dose-Response Relationship. The Journal of Strength and Conditioning Research, 18(2), 377. https://doi.org/10.1519/r-12842.1
  4. Rhea, M. R., Alvar, B. A. & Burkett, L. N. (2002, Dezember). Single versus Multiple Sets for Strength: A Meta-Analysis to Address the Controversy. Research Quarterly for Exercise and Sport, 73(4), 485–488. https://doi.org/10.1080/02701367.2002.10609050
  5. RHEA, M. R., ALVAR, B. A., BURKETT, L. N. & BALL, S. D. (2003, März). A Meta-analysis to Determine the Dose Response for Strength Development. Medicine & Science in Sports & Exercise, 35(3), 456–464. https://doi.org/10.1249/01.mss.0000053727.63505.d4
  6. RØNNESTAD, B. R., EGELAND, W., KVAMME, N. H., REFSNES, P. E., KADI, F. & RAASTAD, T. (2007, Februar). DISSIMILAR EFFECTS OF ONE- AND THREE-SET STRENGTH TRAINING ON STRENGTH AND MUSCLE MASS GAINS IN UPPER AND LOWER BODY IN UNTRAINED SUBJECTS. Journal of Strength and Conditioning Research, 21(1), 157–163. https://doi.org/10.1519/00124278-200702000-00028
  7. Robbins, D. W., Marshall, P. W. & McEwen, M. (2012, Januar). The Effect of Training Volume on Lower-Body Strength. Journal of Strength and Conditioning Research, 26(1), 34–39. https://doi.org/10.1519/jsc.0b013e31821d5cc4
  8. Ralston, G. W., Kilgore, L., Wyatt, F. B., Buchan, D. & Baker, J. S. (2018, 3. August). Weekly Training Frequency Effects on Strength Gain: A Meta-Analysis. Sports Medicine – Open, 4(1). https://doi.org/10.1186/s40798-018-0149-9
  9. McLESTER, JOHN R. JR.1; BISHOP, E1; GUILLIAMS, M. E.2. Comparison of 1 Day and 3 Days Per Week of Equal-Volume Resistance Training in Experienced Subjects. Journal of Strength and Conditioning Research: August 2000 – Volume 14 – Issue 3 – p 273-281
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